Harz und Südniedersachsen

Zusammengestellt von Robin-Nikolai und Karlo Vegelahn
Ein Besonderer Dank geht an Marcell Baumunk
der mir zahlreiche Dokumente zur Verfügung stellte

© Copyright by Karlo Vegelahn, Stand 22.10.2006
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Bis zum Jahre 1933 wurden Bibelforschergruppen von Pilgerbrüdern (heute: Reisendenaufseher) je nach Anforderung besucht.

Durch die folgende Tabelle erhält man einen Überblick, wann und viele Tage die Pilgerbrüder in einem Ort waren.
Die Liste ist zur Zeit noch unvollständig. Ich werde die Grenze im Norden bis Hannover, Braunschweig, und im Osten bis Magdeburg, Halle erweitern.

1913

Der Wacht=Turm und Verkündiger der Gegenwart Christi, Juni 1913, Seite 82:

Eine Pilgerreise Bruder Paul Balzereit.

Bruder Paul Balzereit befindet sich seit einigen Tagen auf einer Pilgerreise und wird, so der Herr will, in den Monaten Juni und Juli folgende Orte besuchen:

Der Wacht=Turm und Verkündiger der Gegenwart Christi, Juli 1913, Seite 98:

Pilgerreise und öffentliche Vorträge von Bruder Koetitz.

Der Wacht=Turm und Verkündiger der Gegenwart Christi, September 1913, Seite 152:

Öffentliche Vorträge von Br. Rutherford und Br. Koetitz, und Tagesversammlungen der Geschwister.

Die in der Juli=Nummer des Wachtturms erwähnten 22 öffentlichen Vorträge waren im großen und ganzen, ausgenommen in der Harzgegend, recht gut besucht – in den meisten Fällen von mehr als 200 Personen. In Basel jedoch von ca. 1000, in Mülhausen, Elsaß) von ca. 600 und in Straßburg (Elsaß) von ca. 900 Personen, und insgesamt von ca. 5500 Personen. Wir erhielten insgesamt 869 Adressen von Interessierten, und weitere Personen haben inzwischen nach Barmen geschrieben. [Kursiv, fett vom Red.]

1933

Auszug aus dem Buch Osterode, 1993 - Hrsg. von Jörg Leuschner, Seite 514-516:

Zeugen Jehovas (bis 1931 als Bibelforscher bekannt)

Am 1. Juli 1933 unmittelbar nach dem Verbot in Preußen, beschlagnahmte die Osteroder Polizei bei dem aus Lautenthal stammenden, invaliden Zimmermann A. Wilhelm Sch. Bibeln eine Bibelkonkordanz, zwei Notizbücher, Traktate und eine Zeichnung. Mutig schrieb Sch. am 23. Januar 1934 an die Ortspolizei von Osterode und forderte sein beschlagnahmtes Eigentum zurück. In den folgenden Jahren erfolgten Hausdurchsuchungen auch bei Osteroder Zeugen Jehovas; ...

Um einen Überblick über die Bibelforschertätigkeit zu erhalten, forderte Landrat von Schönfeldt die Bürgermeister der Kreisgemeinden auf zu berichten, ob in ihren Gemeinden noch Bibelforschervereinigungen bestünden. Am 10. November 1934 antwortete die Osteroder Ortspolizei darauf, daß die Internationale Bibelforschervereinigung und ihre "Anhänger" sich weiterhin heimlich versammelten doch kenne man bisher nicht den Versammlungsort. Die Kinder der Zeugen Jehovas würden in der Schule den deutschen Gruß verweigern. Der den Bericht verfassende Polizeibeamte nannte sieben aktive Mitglieder ... . Der gleiche Beamte berichtete einige Wochen später, daß er nichts weiter über die Bibelforscher habe feststellen können», daß aber eine "Erlahmung" unter ihnen eingetreten sei.

Im Frühjahr 1935 verschärfte das Reichsinnenministerium die Maßnahmen gegen die Zeugen Jehovas. Auf Anweisung der Gestapo Hannover wurden daraufhin in Osterode am 1. April 1935 sieben von ihnen verhaftet: Martin K., Eduard W., Eduard L., Karl M., Karl M., Richard K. und Otto D. Sie wurden vorerst im Osteroder Gerichtsgefängnis eingesperrt. Bei den Verhören gaben K. und W zu, innerhalb der letzten sechs Wochen Flugblätter erhalten und weiterverbreitet zu haben. Am 7. Juni 1935 wurde ihnen deswegen und wegen des Besitzes verbotener Schriften vor dem Landgericht Hannover der Prozeß gemacht. Vier wurden zu Geldstrafen von 150 bis 200 RM oder ersatzweise zu 15-20 Tagen Haft und einer zu einem Monat Haft verurteilt, die durch die Untersuchungshaft bereits verbüßt war. Zwei wurden freigesprochen. Es muß nach dem 1. April 1935 eine weitere Verhaftung in Osterode erfolgt sein. Auch Heinrich B. wurde am 7. Juni 1935 mitangeklagt und zu 150 RM verurteilt«. Nach dem Prozeß in Hannover richtete die Gestapo Hannover am 25. Juni 1935 ein Schreiben an die "Herren Bürgermeister", daß "bei der Aufhebung von richterlichen Haftbefehlen gegen Bibelforscher" diese "sofort in Schutzhaft zu nehmen" seien, doch geschah dies mit den Osteroder Zeugen Jehovas offenbar nicht, wie ein Bericht der Osteroder Ortspolizei vom 27. Juli 1935 ausdrücklich vermerkt«. In Abstimmung mit der Leitung der Religionsgemeinschaft beantragten die zu Geldstrafen verurteilten Osteroder Bibelforscher eine Stundung oder ratenweise Abzahlung der Geldsumme, was sich solange hinzog, bis der Staat auf eine weitere Eintreibung der Restsummen verzichtete.

Im März und April 1937 wurden in Osterode und den umliegenden Orten 13 Zeugen Jehovas wegen ... Schriftenschmuggels verhaftet und vorerst im Gerichtsgefängnis Osterode eingesperrt. Im Juni 1937 wurde ihnen, darunter fünf ... aus Osterode, den übrigen aus Groß Lengden, Lautenthal, Schlingen, Clausthal-Zellerfeld, Katlenburg und Dorste vor dem Landgericht Hannover der Prozeß gemacht. Am 4. Juni 1937 wurden zwölf der angeklagten Zeugen Jehovas zu Haftstrafen bis drei Jahren verurteilt. Der Musiker Karl M. wurde mit einer Haftstrafe von zwei Jahren, der Heizer Eduard W. mit neun Monaten, der Maschinist Eduard L. mit acht Monaten, der Schneider Karl M. mit neun Monaten und der Lagerarbeiter Heinrich B. mit neun Monaten bestraft. Zwei haben die ihnen auferlegte Strafe im Lager Papenburg, andere in Buchenwald und Sachsenhausen verbüßt.